Der Preis der Leistung: Wie der DDR-Sport Kinder zerstörte – Ein erschütternder Bericht aus erster Hand

2025-07-19
Der Preis der Leistung: Wie der DDR-Sport Kinder zerstörte – Ein erschütternder Bericht aus erster Hand
ZEIT ONLINE

Die Erinnerungen an das türkisblaue Wasser sind für mich bis heute von Schmerz und Verzweiflung begleitet. Als Leistungsschwimmerin in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war ich Teil eines Systems, das auf eine einzige Maxime reduziert war: Leistung um jeden Preis. Was damals als Stolz des Landes gefeiert wurde, war in Wahrheit eine systematische Zerstörung von Körpern und Seelen. Schon in jungen Jahren wurden wir, die talentierten Kinder, aus unseren Familien gerissen und in Sportinternate gesteckt. Dort begann ein unerbittlicher Trainingsplan, der keine Rücksicht auf unsere individuellen Bedürfnisse oder Grenzen nahm. Die Trainer, oft ehemalige Sportler selbst, waren darauf bedacht, aus uns die bestmöglichen Athleten zu machen, koste es, was es wolle. Emotionale Unterstützung oder psychologische Betreuung gab es nicht. Wir waren Schachfiguren in einem politischen Spiel, das mit Medaillen und Ruhm gespielt wurde. Der Druck war enorm. Wir wussten, dass unser Erfolg auch das Prestige des Staates widerspiegelte. Schlechte Leistungen wurden mit Kritik und Bestrafung geahndet, gute mit Lob und Anerkennung – aber auch mit noch härteren Trainingsbedingungen. Die Angst, zu versagen, lähmte uns oft. Und dann war da noch das Doping. Es war eine stille Übung, die im Hintergrund stattfand, aber dennoch eine allgegenwärtige Realität war. Wir wurden dazu gedrängt, Substanzen einzunehmen, die uns kurzfristig leistungssteigernd wirkten, aber langfristig verheerende gesundheitliche Folgen hatten. Ich erinnere mich an die ständige Müdigkeit, die Verletzungen, die Schlafstörungen. Ich erinnere mich an die Tränen der Verzweiflung, die wir heimlich in unseren Kissen weinten. Ich erinnere mich an die Freundschaften, die durch den Konkurrenzdruck zerbrachen. Ich erinnere mich an das Gefühl der Isolation und des Alleinseins. Heute, Jahrzehnte später, blicke ich mit einem Gefühl der Wut und des Bedauerns auf diese Zeit zurück. Die DDR hat ihre Kinder geopfert, um ihre ideologische Überlegenheit zu demonstrieren. Es war eine völlig kaputte Idee von Willensstärke, eine Perversion des Sports, die unzählige Leben nachhaltig negativ beeinflusst hat. Es ist wichtig, dass wir uns an diese dunklen Kapitel unserer Geschichte erinnern, um sicherzustellen, dass sich solche Gräueltaten niemals wiederholen. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist notwendig, um eine Zukunft zu gestalten, in der Kinder nicht für politische oder ideologische Zwecke instrumentalisiert werden. Der Sport sollte eine Quelle der Freude und der persönlichen Entwicklung sein, nicht ein Werkzeug der Unterdrückung und der Zerstörung.

Empfehlungen
Empfehlungen