Margot Honecker: Eine unerschütterliche DDR-Anhängerin – Ex-Botschafter schildert seltene Begegnungen

2025-06-15
Margot Honecker: Eine unerschütterliche DDR-Anhängerin – Ex-Botschafter schildert seltene Begegnungen
Berliner Zeitung

Während meiner Zeit als britischer Botschafter in Chile im Jahr 2012 und 2013 hatte ich das Privileg, dreimal zu ausführlichen Gesprächen mit Margot Honecker zu kommen. Diese Begegnungen waren nicht nur aufschlussreich über die Frau selbst, sondern auch über die Denkweise und die Überzeugungen, die die DDR geprägt haben. Es war eine seltene Gelegenheit, einer der letzten prominenten Vertreterinnen des sozialistischen Staates gegenüber zu sitzen und ihre Sicht der Dinge zu hören. Margot Honecker, die Witwe des langjährigen DDR-Staatschefs Erich Honecker, war eine Figur, die in der deutschen Geschichte eine umstrittene Rolle spielte. Für viele war sie das Symbol eines autoritären Regimes, für andere eine Frau, die an ihren Idealen festhielt. Meine Gespräche mit ihr zeigten eine komplexe Persönlichkeit, die von tiefem Patriotismus und einem unerschütterlichen Glauben an die sozialistische Ordnung geprägt war. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war ihre Leidenschaft für die DDR. Sie sprach mit großer Wärme und Begeisterung über die Errungenschaften des sozialistischen Staates, die Bildungschancen, die soziale Sicherheit und die Solidarität unter den Bürgern. Sie betonte immer wieder, dass die DDR ein Land der Möglichkeiten gewesen sei, in dem jeder Mensch sein Potenzial entfalten konnte. Auch wenn sie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der DDR nicht leugnete, sah sie diese als vorübergehende Herausforderungen an, die durch die sozialistische Planung überwunden werden könnten. Besonders beeindruckend war ihre Loyalität gegenüber ihrem Mann und ihrer gemeinsamen politischen Linie. Sie verteidigte Erich Honecker auch nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der DDR vehement gegen alle Vorwürfe. Sie glaubte fest daran, dass er im Interesse des deutschen Volkes gehandelt habe und dass er zu Unrecht verurteilt worden sei. Ihre Überzeugung war so stark, dass sie sich auch in den Jahren nach 1989 nicht von ihrem Glauben abbringen ließ. Unsere Gespräche waren geprägt von gegenseitigem Respekt und Neugierde. Obwohl ich politische Ansichten vertrat, die sich diametral von denen Margot Honeckers unterschieden, versuchten wir, einander zu verstehen und die Beweggründe des jeweils anderen zu erkennen. Ich habe mich immer bemüht, ihr aufmerksam zuzuhören und ihre Perspektive zu würdigen, auch wenn ich ihr nicht zustimmen konnte. Die Begegnungen mit Margot Honecker waren für mich eine wertvolle Erfahrung, die mir einen tieferen Einblick in die Geschichte und die Mentalität der DDR ermöglichte. Sie haben mir gezeigt, dass Geschichte immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden muss und dass es wichtig ist, auch die Stimmen derer zu hören, die anders dachten und handelten. Margot Honecker mag eine umstrittene Figur sein, aber ihre Geschichte ist ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte, der es verdient, gehört und verstanden zu werden.

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